Bauphysik

 

 

 

Hitzeschutz

Das Behaglichkeitsfeld des Menschen ist hinsichtlich Raumtemperatur, Raumoberflächentemperatur, Luftbewegung und Luftfeuchte sehr begrenzt. Deshalb wird eine Raumtemperatur von weniger als 19 °C in Aufenthaltsräumen bereits als nicht mehr „behaglich“ empfunden. Ebenso eng begrenzt ist das Behaglichkeitstemperaturfeld bei höheren Raumtemperaturen: Bis 23 °C reicht der Bereich „behaglich“, bis 25 °C gelten als „noch behaglich“ und darüber hinaus wird es „unbehaglich warm“.

Abb. 92 | Behaglichkeitsfeld des Menschen in Abhängigkeit von Raumlufttemperatur und mittlerer Oberflächentemperatur der Raumbegrenzungen Abb. 92 | Behaglichkeitsfeld des Menschen in Abhängigkeit von Raumlufttemperatur und mittlerer Oberflächentemperatur der Raumbegrenzungen

Dies macht deutlich, dass dem Hitzeschutz genauso große Bedeutung zukommt wie dem Wärmeschutz in der Heizperiode. Kennzeichnend für einen guten Hitzeschutz sind bei Baustoffen und insbesondere bei Dämmstoffen die Eigenschaften

  • niedrige Wärmeleitfähigkeit,
  • hohes Raumgewicht und
  • hohe spezifische Wärmekapazität.

Holzfaserdämmstoffe vereinen alle drei Aspekte in optimaler Weise. Für die damit gedämmten Bauteile ergeben sich daraus:

  • hohe Wärmespeicherkapazitäten, d. h., große Mengen Wärmeenergie werden vom Dämmstoff aufgenommen und gelangen gar nicht erst nach innen;
  • lange Phasenverschiebungen, d. h., tagsüber erreicht die Wärmewelle gar nicht erst die Innenseite des Bauteils;
  • kleine Temperaturamplitudenverhältnisse, d. h., die Wärmewelle wird im Tagesverlauf so stark gedämpft, dass sie an der Innenseite kaum noch messbar ist.

Dies führt wiederum zu deutlich weniger sogenannten „Übertemperaturgradstunden“ in den Aufenthaltsräumen, insbesondere wenn diese im Dachgeschoss liegen. Damit sind die Zeiträume gemeint, in denen die Raumlufttemperatur unbehagliche 26° C oder mehr erreicht.

Wird das Dachgeschoss mit Holzfaserdämmstoffen gedämmt, können nach Erkenntnissen einer Studie  [08a]  [08b]  im Vergleich zu leichten, mineralischen Dämmstoffen diese Übertemperaturgradstunden um bis zu 40 % gesenkt werden.
 

Luft- und Winddichtheit

Holzfaserdämmplatten gelten aufgrund ihrer porösen Plattenstruktur nicht als luftdichte Baustoffe im Sinne von DIN 4108-7 [09].

Auf der Außenseite von Bauteilen – z. B. als Unterdeckplatten bei Dächern oder als wasserableitende Schicht hinter Außenwandbekleidungen – verbessern sie jedoch erheblich die „Winddichtheit“ der Gebäudehülle. Hierdurch wird eine Durchströmung bzw. Hinterströmung des Dämmstoffes mit kalter Luft von außen vermieden, die Dämmleistung des Bauteils bleibt vollumfänglich erhalten. Derzeit ist die Winddichtheit zwar nicht normativ geregelt, sie wird aber zum Beispiel in den Fachregeln des Zimmererhandwerks für Außenwandbekleidungen [67] beschrieben, wonach bei bestimmten Randbedingungen Maßnahmen zur Winddichtheit erforderlich sind.

Schallschutz

Ausschlaggebend für die guten schalldämmenden Eigenschaften von Holzfaserdämmstoffen sind neben einem sehr hohen Raumgewicht vor allem deren poröse Faserstruktur mit hoher schallabsorbierender Wirkung.

Die Grundlagen des baulichen Schallschutzes werden speziell für den Holzbau ausführlich in den Schriften des holzbau handbuches behandelt, z. B. in Reihe 3, Teil 3, Folge 1 „Schallschutz im Holzbau – Grundlagen und Vorbemessung“ [10]. Diese Schrift enthält einen umfangreichen Bauteilkatalog, dem auch einige der unten genannten Schallschutzwerte entnommen wurden. Weitere Werte entstammen dem Bauteilkatalog in DIN 4109-33 [11], welcher in vielen Anwendungsbereichen auch Konstruktionen mit Holzfaserdämmstoffen ausweist.

Außerdem liegen den Mitgliedsunternehmen zahlreiche produktspezifische bauakustische Prüfnachweise vor, die bei Bedarf angefordert werden können.

Die Nachweise belegen die hervorragenden bewerteten Schalldämm-Maße bei allen Arten von Bauteilen, für die eine wirksame Luftschalldämmung verlangt wird: Außenwände in Massiv- und Holzbauweise mit Vorhang- oder WDVS-Fassaden bis Rw = 56 dB [10], Dächer mit Zwischen- oder Aufsparrendämmung bis Rw = 59 dB [11], Holzbalken- und Massivholzdecken als Wohnungstrenndecken bis Rw = 82 dB [10] sowie leichte Raum- und Wohnungstrennwände bis Rw = 66 dB [11].

Auch bei der Trittschalldämmung von Geschossdecken werden mit Holzfaserdämmstoffen so niedrige bewertete Norm-Trittschallpegel (bis Ln,w = 30 dB [10]) erzielt, dass sowohl Holzbalken- als auch Massivholzdecken die Anforderungen gemäß DIN 4109-1 [12] an Wohnungstrenndecken erfüllen können. In Abhängigkeit von den bauakustischen Eigenschaften der flankierenden Bauteile sind damit sogar die erhöhten Anforderungen gemäß der neuen DIN 4109-5 [13] erfüllbar.  Zudem kann für Massivdecken der Nachweis des Trittschallschutzes über Werte der bewerteten Trittschallminderung ΔLw von Deckenauflagen – früher das „Trittschallverbesserungsmaß“ – gemäß DIN 4109-2 [14] geführt werden. Dabei können diese Werte entweder den normativen Angaben in DIN 4109-34 [42] oder herstellerspezifischen Prüfnachweisen entnommen werden.

Bauteile mit nachgewiesenen Schallschutzwerten sind im Abschnitt „Anwendungsbereiche – Holzfaserdämmstoffe (WF) – Dach, Wand, Boden und Decke“ dargestellt.

Abb. 16 | Schallpegel typischer Geräuschquellen/Umgebungen Abb. 16 | Schallpegel typischer Geräuschquellen/Umgebungen

Brandschutz

Hinsichtlich ihres Brandverhaltens werden Holzfaserdämmstoffe wie gewachsenes Nadelholz als „normalentflammbar“ eingestuft, d. h. in die Baustoffklasse B 2 nach DIN 4102-1 [15] bzw. in die Euroklasse E nach DIN EN 13 501-1 [55]. Erstmals sind nun auch Holzfaserdämmplatten am Markt, die durch den Zusatz von Brandschutzmitteln auf mineralischer Basis in die Euroklasse C-s1,d0 eingestuft und zusätzlich als „nicht glimmend“ geprüft wurden. Damit erschließen sich z. B. bei der Fassadendämmung auch Anwendungsbereiche in den Gebäudeklassen 4 und 5.

Im Brandfall tragen Holzfaserdämmstoffe nachweislich zum Feuerwiderstand der Bauteile bei, indem sie einerseits den Temperaturdurchgang durch das Bauteil aufgrund ihrer hohen Wärmespeicherkapazität stark verzögern. Andererseits bildet sich wie bei Massivholz eine ausgeprägte Verkohlungsschicht, die den Abbrand des Dämmstoffes hemmt und somit für lange Volumenbeständigkeit im Bauteil sorgt.

Daraus resultieren durch allgemeine bauaufsichtliche Prüfzeugnisse (abP) belegte oder nach DIN 4102-4 [17] klassifizierte Feuerwiderstandsklassen für eine Vielzahl von Bauteilen:

Für Dächer mit Aufsparrendämmung liegen abP der Feuerwiderstandklasse F 30-B, beispielsweise [18a] bzw. REI 45 [18b] vor. Dächer mit Zwischensparrendämmung und Holzbalkendecken können in Kombination mit Unterdecken aus z. B. Gipsplatten als klassifizierte Bauteile bis F 30-B nachgewiesen werden [17]. Tragende, raumabschließende Wände in Holzbauweise sind in F 30-B, F 60-B und sogar F 90-B, sowie als Gebäudeabschlusswände und Brandwandersatzwände realisierbar. Die zahlreichen hersteller- und produktspezifischen Nachweise für diese Wände können bei den Mitgliedsunternehmen angefragt werden.

Abb. 17 | Holzfaserdämmungen zeigen bei direkter Beflammung kein Schmelzen oder Abtropfen. Die entstehende Verkohlungsschicht bildet eine wirksame Dämmschicht. Abb. 17 | Holzfaserdämmungen zeigen bei direkter Beflammung kein Schmelzen oder Abtropfen. Die entstehende Verkohlungsschicht bildet eine wirksame Dämmschicht.

Feuchte- und Holzschutz

Beregnungsprüfung an Unterdeckungen aus Holzfaser-Unterdeckplatten [20]
Abb. 18

Die Grundlagen des baulichen Feuchteschutzes und des Holzschutzes werden ausführlich in den Schriften des holzbau handbuches behandelt, z. B. in Reihe 5, Teil 2, Folge 2 „Holzschutz – Bauliche Maßnahmen“  [47].

Die Wasserdampfdiffusionswiderstandszahlen μ von Holzfaserdämmstoffen liegen mit μ-Werten von 1 bis 5 in einem für die diffusionsoffene Bauweise optimalen Bereich. Damit wird der Wasserdampfdurchgang nur geringfügig gepuffert, nicht aber gebremst oder gar abgesperrt. Besonders vorteilhaft ist zudem das für Holz typische, ausgeprägte Adsorptions- und Desorptionsverhalten.

So ist eine schadlose Feuchteaufnahme bis 20 Gew.-% möglich, ohne dass der Holzfaserdämmstoff „nass“ wird und dabei nennenswert an Dämmwirkung verliert. In den porösen Holzfasern wird die Feuchtigkeit zwischengespeichert und kann auf dem Diffusions- und Kapillarwege wieder abgegeben werden. Hierzu sind nur organische Fasern imstande.

Abb. 19 | Adsorptions-/Desorptionsverlauf von Vollholz Abb. 19 | Adsorptions-/Desorptionsverlauf von Vollholz

Für bestimmte Anwendungen im Feucht- bzw. Außenbereich werden Holzfaserdämmplatten durch hydrophobierende Zusätze vergütet. Damit wird die Wasseraufnahmefähigkeit stark reduziert bis hin zur Wasserundurchlässigkeit der Platten. Typische Anwendungen sind z. B. Holzfaser-Unterdeckplatten, die über den vom Hersteller garantierten Zeitraum der freien Bewitterung standhalten [20], oder Holzfaserdämmplatten für bauaufsichtlich zugelassene Wärmedämmverbundsysteme, die in Verbindung mit der Putzbeschichtung den Nachweis des „dauerhaften Wetterschutzes“ erbracht haben.

Als Dämmplatte in Wärmedämmverbundsystemen, als Unterdeckplatte bei geneigten Dächern oder als wasserableitende Schicht hinter Vorhangfassaden ermöglichen Holzfaserdämmplatten den Verzicht auf chemischen Holzschutz für die tragende Holzkonstruktion bei Dach und Wand und somit die Zuordnung zur GK 0 (Gebrauchsklasse 0) gemäß DIN 68 800-2 [53].

Gleiches gilt für die Verwendung von Holzfaserdämmstoffen als Zwischensparrendämmung in Dächern oder Gefachdämmung in Holztafelwänden. Bauteile mit außerhalb der Tragkonstruktion liegenden Dämmschichten aus Holzfaserdämmstoffen können grundsätzlich der GK 0 zugeordnet werden. Dies sind z. B. Aufsparrendämmungen oder raumseitige Zusatzdämmschichten bei Außenwänden.

 

BILDNACHWEIS

Dipl.-Ing. F. Förster
Abb. 92 (nach Frank und Reiher)

Holzabsatzfonds
Abb. 19

Holzforschung Austria
Abb. 17, 18

vdnr e.V.
Abb. 16

[08a] VHD - Verband Holzfaser Dämmstoffe e.V. (jetzt vdnr e.V.): Schlussbericht „Verbesserung des sommerlichen Wärmeverhaltens von Wohngebäuden durch Holzfaserdämmplatten“, Ingenieurbüro Prof. Dr. Gerd Hauser; 04-2005
[08b] VHD - Verband Holzfaser Dämmstoffe e.V. (jetzt vdnr e.V.): Gutachten „Das sommerliche Wärmeverhalten eines Gebäudes bei Verwendung von Holzfaserdämmstoffen im Vergleich zu mineralischen Dämmstoffen“, Ingenieurbüro Prof. Dr. Gerd Hauser GmbH; 12-2014
[09] DIN 4108-7: 2011-01 Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 7: Luftdichtheit von Gebäuden – Anforderungen, Planungs- und Ausführungsempfehlungen sowie -beispiele
[10] Informationsdienst Holz: „Schallschutz im Holzbau – Grundlagen und Vorbemessung“, holzbau handbuch Reihe 3, Teil 3, Folge 1; 03-2019
[11] DIN 4109-33:2016-07 Schallschutz im Hochbau – Teil 33: Daten für die rechnerischen Nachweise des Schallschutzes (Bauteilkatalog) – Holz-, Leicht- und Trockenbau
[12] DIN 4109-1:2018-01 Schallschutz im Hochbau – Teil 1: Mindestanforderungen
[13] DIN 4109-5:2020-08 Schallschutz im Hochbau – Teil 5: Erhöhte Anforderungen
[14] DIN 4109-2:2018-01 Schallschutz im Hochbau – Teil 2: Rechnerische Nachweise der Erfüllung der Anforderungen
[15] DIN 4102-1:1998-05 Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen – Teil 1: Baustoffe; Begriffe, Anforderungen und Prüfungen
[17] DIN 4102-4:2016-05 Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen – Teil 4: Zusammenstellung und Anwendung klassifizierter Baustoffe, Bauteile und Sonderbauteile
[18a] Holzwerk Gebr. Schneider GmbH: Allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis Nr. P-SAC02/III-924 MFPA Leipzig GmbH; 05-2019
[18b] Holzwerk Gebr. Schneider GmbH: Klassifizierungsbericht Nr. KB 3.2/18-221-2 MFPA Leipzig GmbH; 03-2019
[20] Holzforschung Austria:  Forschungsvorhaben Nr. 804949 zur „Regensicherheit von Unterdachsystemen“; 03-2003
[42] DIN 4109-34/A1:2019-12 Schallschutz im Hochbau – Teil 34: Daten für die rechnerischen Nachweise des Schallschutzes (Bauteilkatalog) – Vorsatzkonstruktionen vor massiven Bauteilen; Änderung A1
[47] Informationsdienst Holz: „Holzschutz - Bauliche Maßnahmen“, holzbau handbuch Reihe 5, Teil 2, Folge 2; 01-2023
[53] DIN 68800-2:2022-02 Holzschutz – Teil 2: Vorbeugende bauliche Maßnahmen im Hochbau
[55] DIN EN 13501-1:2019-05 Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten – Teil 1: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Prüfungen zum Brandverhalten von Bauprodukten; Deutsche Fassung EN 13501-1:2018
[67] Holzbau Deutschland – Bund Deutscher Zimmermeister (BDZ): Fachregeln des Zimmererhandwerks 01 - „Außenwandbekleidungen aus Holz“; 01-2020