Baurechtliche Grundlagen

 

 

 

Zulassungen, Bauartgenehmigungen und ETA

Wärmedämmverbundsysteme sind Bauarten, an die seitens der Bauordnungen Anforderungen an Standsicherheit, Wärme-, Feuchte-, Schall- und Brandschutz gestellt werden. Bei Anwendungen im Holzbau muss zudem der dauerhaft wirksame Wetterschutz des Holztragwerkes gewährleistet werden. Es gibt zwar mit DIN EN 13171 [49] eine europäische Produktnorm für Holzfaserdämmstoffe, aber noch keine nationale oder europäische Norm für WDVS mit Dämmstoffen auf Holzfaserbasis. Deshalb muss der bauaufsichtliche Verwendbarkeitsnachweis durch eine „allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ) mit allgemeiner Bauartgenehmigung“ (aBG), die durch das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) erteilt wird, erbracht werden. Für einzelne Objekte kann auch eine „vorhabenbezogene Bauartgenehmigung“ durch die oberste Bauaufsichtsbehörde des jeweiligen Bundeslandes erteilt werden.

Abb. 74 | Beispiel für das Deckblatt einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung / allgemeinen Bauartgenehmigung Abb. 74 | Beispiel für das Deckblatt einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung / allgemeinen Bauartgenehmigung

Hinweis: Derzeit gibt es noch gültige allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen für die Bauart (sogenannte „Anwendungszulassungen“). Im Zuge der Novellierung der Musterbauordnung und nachfolgend der Landesbauordnungen werden diese aber sukzessive durch allgemeine Bauartgenehmigungen ersetzt oder laufen aus.

Auf europäischer Ebene werden WDVS als ETICS (External Thermal Insulation Composite Systems) bezeichnet und deren Brauchbarkeit wird durch eine „Europäische Technische Bewertung“ (European Technical Assessment – ETA) nachgewiesen.
Die ETA ist ein Produktleistungsnachweis, der zur CE-Kennzeichnung führt, und kann für jedes Bauprodukt bzw. jede Bauart beantragt werden, welche nicht oder nicht vollständig von einer harmonisierten Norm erfasst ist. Allerdings ist bei CE-gekennzeichneten Systemen mit  ETA immer ein Abgleich zwischen der ausgewiesenen Leistung und den nationalen Bauwerksanforderungen notwendig. In Deutschland erteilt das DIBt deshalb ergänzend zu der jeweiligen ETA eine allgemeine Bauartgenehmigung, um beispielsweise die Gebrauchsklasse gemäß Holzschutznorm DIN 68800-2 [53] oder das Brandverhalten nach nationalen bauaufsichtlichen Anforderungen auszuweisen.

Die nationalen abZ/aBG (hier kurz Zulassungen genannt) werden i.d.R. für jeweils fünf Jahre erteilt und haben folgenden Inhalt:

  • Beschreibung des WDVS und seines Anwendungsbereichs, wie z.B. zulässige Untergründe;
  • Beschreibung der Eigenschaften und der Zusammensetzung aller systemrelevanten Komponenten (Dämmstoff, Befestigungsmittel, Putzkomponenten, Zubehörteile und gegebenenfalls Anstriche);
  • Herstellung, Verpackung, Transport, Lagerung und Kennzeichnung;
  • Übereinstimmungsnachweis;
  • Bestimmungen für Entwurf und Bemessung;
  • Bestimmungen für die Ausführung;
  • Übergabeprotokoll für die Bestätigung der ordnungsgemäßen Ausführung;
  • Vorlage für die Übereinstimmungsbestätigung des Unternehmers (siehe Abb. 75)

Hinweis: Bei Wänden in Holzbauweise dürfen Wärmedämmverbundsysteme auf Basis von Holzfaserdämmplatten derzeit nicht als dauerhafte Knick- und Kippaussteifung der Holzrippen sowie nicht zur Aufnahme und Weiterleitung von Lasten aus dem Gebäude angesetzt werden.

Die nationale Zulassung führt zum Übereinstimmungszeichen (Ü-Zeichen), welches an den Systemkomponenten bzw. Beipackzetteln oder Lieferscheinen auszuweisen ist.

Die Zulassungen enthalten u. a. Bestimmungen für die Verarbeitung, die stets verbindlich sind. Die Verarbeitungshinweise der Hersteller können jedoch ergänzend auf Teile der DIN 55699 [50] verweisen. Mit dieser nationalen Norm wurde bereits die Verarbeitung von WDVS mit anderen Dämmstoffen geregelt. WDVS auf der Basis von Holzfaserdämmstoffen sollen künftig durch eine europäische Norm geregelt werden.

Bei den Zulassungen für WDVS handelt es sich um sogenannte System-Zulassungen, d. h. dass das Gesamtsystem bestehend aus Dämmstoff, Putzkomponenten, Befestigungsmitteln, Zubehörteilen und gegebenenfalls Anstrichen geregelt wird. Es dürfen daher nur die in der jeweiligen Zulassung geregelten Komponenten verwendet werden. Werden systemfremde Komponenten verwendet, so ist dies baurechtlich unzulässig und es erlischt zudem der Gewährleistungsanspruch gegenüber dem Zulassungsinhaber. Das ist auch der Fall, wenn systemfremde Komponenten verwendet werden, die für andere WDVS zugelassen sind.

Nicht zuletzt aus diesem Grunde sind die Systemgeber verpflichtet, alle systemrelevanten Informationen zur Verfügung zu stellen. Die Zulassungen der verwendeten Systeme müssen den Planern und Verwendern vorliegen und werden von den Systemanbietern bereitgestellt. Der Verarbeiter hat diese Informationen zu berücksichtigen und darüber hinaus eine Übereinstimmungsbestätigung gemäß Zulassung über die sachgerechte Ausführung des WDVS anzufertigen und dem Bauherren zu übergeben. Vorlagen für die Übereinstimmungsbestätigung finden sich als Anhang in den Zulassungen oder sind, in erweiterter Form, bei den Systemhaltern erhältlich.

Abb. 75 | Muster für die Übereinstimmungsbestätigung des ausführenden Fachbetriebes Abb. 75 | Muster für die Übereinstimmungsbestätigung des ausführenden Fachbetriebes

BILDNACHWEIS 

Dipl.-Ing. F. Förster
Abb. 74 (nach DIBt), 75 (nach DIBt)

[49] DIN EN 13171:2015-04  Wärmedämmstoffe für Gebäude – Werkmäßig hergestellte Produkte aus Holzfasern (WF) – Spezifikationen; Deutsche Fassung EN 13171:2012+A1:2015
[50] DIN 55699:2017-08 Anwendung und Verarbeitung von außenseitigen Wärmedämm-Verbundsystemen (WDVS) mit Dämmstoffen aus expandiertem Polystyrol-Hartschaum (EPS) und Mineralwolle (MW)
[53] DIN 68800-2:2022-02  Holzschutz – Teil 2: Vorbeugende bauliche Maßnahmen im Hochbau