Intelligentes Dämmen

Ein Positionspapier des Verband Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen e.V. (Stand: 23.09.2018)

 

 

Position 1

Vielfältig in die Zukunft

Der Verband Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen vdnr e.V. ist der freiwillige Zusammenschluss von Unternehmen, die Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen oder Systeme aus diesen Dämmstoffen herstellen.

Der vdnr e.V. setzt sich für die Verwendung von Dämmstoffen aus Holz, Zellulose, Jute, Hanf, Kork, Flachs, Schafwolle, Schilf, Seegras, Wiesengras und Stroh ein.

Er initiiert, fördert und begleitet anwendungsbezogene Forschung, beteiligt sich an der nationalen und internationalen Normung, will Erfahrungen und Erkenntnisse durch Veröffentlichungen und Veranstaltungen teilen sowie Politik, Planer, Verarbeiter und Verwender in technischen Fragen unterstützen.

Position 2

Intelligentes Dämmen: Multitaskingfähig

Bauherren und Gesellschaft haben vielfältige Ansprüche an die Dämmung von Gebäuden:

Gebäude sollen ganzjährig behaglich sein. Das beinhaltet auch einen sommerlichen Wärmeschutz sowie Maßnahmen für eine ausreichende Luftwechselrate.

Bei Dämmmaßnahmen sollte neben dem winterlichen und sommerlichen Wärmeschutz immer auch der Schallschutz betrachtet werden. Energetische Sanierungen sollen in keinem Fall zu einer Verschlechterung des vorhandenen Schallschutzes führen.

Die Umweltlasten über den gesamten Nutzungszyklus sollen gering sein, d.h. endliche Ressourcen sollen durch die Herstellung der Baustoffe, die Erstellung, Nutzung und Abriss des Gebäudes geschont und der CO2-Ausstoß minimiert werden. In den verwendeten Baustoffen sollte CO2 gespeichert und damit während der Nutzungsdauer der Atmosphäre entzogen werden.

Die für Dämmmaßnahmen verwendeten Baustoffe sollen am Ende der Nutzungsdauer wiederverwendbar, recyclebar oder thermisch verwertbar sein.

Baustoffe aus heimischen Rohstoffen und Recyclingbaustoffe sollen bevorzugt werden, um die Abhängigkeit von Rohstoffimporten zu reduzieren und positive Effekte für den lokalen Arbeitsmarkt zu nutzen.

Dämmen muss bezahlbar sein und sich für die Bauherren amortisieren. Auch energetische Sanierung begrenzten Umfangs helfen der Umwelt und führen zu einer dauerhaften Entlastung der Haushalte durch Reduzierung der Energiekosten für Heizung und Kühlung. Eine intelligente Förderpolitik schafft Anreize für mehr und umfangreicherer Sanierungen.

Position 3

Unsere Ziele
 

3.1 |   Für eine bessere Dämmung des Gebäudebestands

Zum Erreichen der Klimaschutzziele muss der Energie- und Ressourcenverbrauch für die Errichtung und den Betrieb von Gebäuden deutlich gesenkt werden.

Der vdnr e.V. setzt sich für eine stärkere Förderung von Dämmmaßnahmen von der Planung über die Ausführung bis zur Qualitätskontrolle ein.

Die energetische Sanierung muss stärker gefördert und der Energieverbrauch des Gebäudebestandes signifikant gesenkt werden. Im Sanierungsbereich muss das Dämmniveau wirtschaftlich vertretbar sein. Anreize für ein höheres Dämmniveau können durch höhere Förderungen und Steuervorteile gesetzt werden.

Der vdnr e.V. setzt sich für abgestufte Dämm- und Fördermaßnahmen bei der energetischen Gebäudesanierung ein.


3.2 |   Für mehr Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen

Mit zunehmendem Dämmniveau wächst die Bedeutung der für Herstellung, Transport und Lagerung erforderlichen nicht erneuerbaren Rohstoffe und Energie (auch „graue Energie“ genannt). Der schonende Einsatz nicht erneuerbarer Rohstoffe und nicht erneuerbarer Energien ist nach Ansicht des VDNR bei der Bilanzierung von Gebäuden und Dämmmaßnahmen und der Förderung genauso zu berücksichtigen, wie die CO2- Speicherung in Baustoffen aus nachwachsenden Rohstoffen.

Dies sollte in Förderprogrammen insbesondere dann berücksichtigt werden, wenn mit dem Einsatz solcher Dämmstoffe Bauteilschichten aus nicht erneuerbaren Rohstoffen substituiert werden können.

Das Bauen ist für den größten Anteil der Abfälle verantwortlich. Eine wirtschaftliche Wiederverwendung oder thermische Verwertung ist nur möglich, wenn Baustoffe leicht zu trennen sind und problematische Abfälle vermieden werden. Ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen getroffene Regelungen für die Entsorgung problematischer Abfälle können keine Dauerlösung im Sinne einer Kreislaufwirtschaft sein. Der Holzbau im Allgemeinen und Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen im Besonderen lassen sich im Falle eines Rückbaus leicht separieren und wiederverwenden, sind recyclingfähig und ersetzen zudem bei einer thermischen Verwertung am Ende des Kreislaufes nicht erneuerbare Energieträger.

Der VDNR setzt sich für den schonenden Einsatz von nicht erneuerbaren Rohstoffen und nicht erneuerbarer Energien bei der Herstellung der Dämmstoffe sowie die Berücksichtigung der CO2 Speicherwirkung bei der Bilanzierung von Gebäuden und einzelnen Dämmmaßnahmen in Regelwerken und Förderprogrammen ein.

3.3 |   Für produktneutrale Gesetzes- und Regelwerke

Landesbauordnungen und Sonderbauvorschriften enthalten weiterhin in einer großen Zahl deskriptive Vorschriften anstelle funktionaler Anforderungen. Für zahlreiche Anwendungen werden Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen ausgeschlossen, obwohl es im Rahmen von Zustimmungen im Einzelfall oder aus anderen Ländern positive Erfahrungen gibt.

Die Musterbauordnung wie auch die Landesbauordnungen sollen Anforderungen definieren, Regellösungen darstellen und Verfahren für den Nachweis gleichwertiger Lösungen aufzeigen.

Der vdnr e.V. setzt sich für die Öffnung der Landesbauordnungen für eine breitere Anwendung von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen, insbesondere für brandschutztechnisch gleichwertige Lösungen in den Gebäudeklassen 4 und 5, wie sie z.B. in der Schweiz seit längerer Zeit erlaubt sind.


3.4 |   Für eine zeitgemäße Berücksichtigung in der Normung

Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen wurden zum Zeitpunkt Ihrer Markteinführung oft kritisch betrachtet, Produkteigenschaften mangels Erfahrung mit z.T. erheblichen Auf- oder Abschlägen versehen. In vielen Anwendungsnormen sind keine oder nicht alle Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen berücksichtigt. Die Regelwerke spiegeln z.T. die in den vergangenen Jahrzehnten gewonnene Erfahrung nicht wider und müssen daher angepasst werden.


3.5 |   Für noch bessere Produkte und Anwendungsregeln

Effektivere Produktionsmethoden, verbesserte Produkteigenschaften und optimierte Anwendungsregeln machen Bauweisen mit Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen noch ressourcenschonender und zugleich wirtschaftlicher. Der Aufwand für Forschung und Umsetzung der Ergebnisse z.B. in Form bauaufsichtlicher Nachweise stellt insbesondere für kleine Hersteller einen erheblichen Aufwand dar.

Der vdnr e.V. initiiert, finanziert und begleitet Forschung, die die o. g. Nachteile beseitigt und setzt sich für die Umsetzung der Ergebnisse in der Praxis ein.

Der vdnr e.V. setzt sich für geeignete Förderprogramme und Starthilfen für neue Produkte ein.

Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen werden mit einem erheblichen Anteil erneuerbarer Energien hergestellt. Die überwiegend den KMU zuzuordnenden Betriebe können sich aber nicht von der Umlage nach dem Erneuerbare - Energien - Gesetz (EEG) befreien lassen.

Der vdnr e.V. setzt sich eine Anpassung der Regelungen im EEG oder einem künftigen Gebäude Energie Gesetz (GEG) ein.


3.6 |   Für gut informierte Entscheider

Dauerhafte, ressourcenschonende Gebäude bedingen eine gute Planung. Gute Planung bedingt eine gute Aus- und Weiterbildung von Planern und Ausführenden.

Der vdnr e.V. will durch Publikationen, Schulungen und seine Homepage (www.vdnr.net) Politiker, Planer, Verarbeiter und Bauherren produktneutral und kompetent informieren.

Der vdnr e.V. setzt sich für eine stärkere Berücksichtigung von Baustoffen aus nachwachsenden Rohstoffen in staatlichen und privaten Aus- und Weiterbildungseinrichtungen ein.


3.7 |   Für eine gute Zusammenarbeit
Der VDNR sucht die Zusammenarbeit mit allen Personen, Institutionen, Firmen und Organisationen, die sich für ein ressourcenschonendes Bauen einsetzen.

Position 4

Intelligentes Dämmen: Nachweislich und dauerhaft gut

Gebäude müssen sich den Bedürfnissen ihrer Bewohner anpassen: Nutzer wünschen größere, im Winter wie im Sommer behagliche Wohnungen mit gutem Schallschutz. Die Anforderungen junger Familien unterscheiden sich dabei selbstverständlich von denen älterer Menschen.

Intelligente Dämmmaßnahmen dürfen einen späteren Umbau nicht behindern. Sie müssen eine schrittweise Sanierung bei möglichst geringer Beeinträchtigung der Nutzung während der Baumaßnahmen ermöglichen. Sie müssen darüber hinaus dauerhaft sein und daher dokumentiert werden.

Der Verband Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen e.V. setzt sich dafür ein, dass insbesondere geförderte Dämmmaßnahmen sorgfältig geplant und ihre Umsetzung dokumentiert und kontrolliert werden.

 

Position 5

Intelligentes Dämmen: Bezahlbar gut

Intelligente Dämmmaßnahmen sparen Geld, erfordern aber zunächst Investitionen. Auch bei einer schrittweisen Sanierung sollen unnötige Folgekosten durch später erforderlich werdende Nachbesserungen durch die Erstellung eines Gesamtkonzepts vermieden werden.

Ein besonderes Augenmerk sollte auf Folgekosten durch Pflege und Entsorgung am Ende der Nutzungsdauer gelegt werden. Wie oft muss z.B. ein Wärmedämmverbundsystem während der Nutzungsdauer des Gebäudes saniert werden? Wie häufig ist es zu streichen? Intelligente Dämmsysteme haben eine hohe Nutzungsdauer bei geringem Pflegeaufwand.

Der Verband Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen e.V. sieht die derzeit niedrige Sanierungsquote als bedenklich an und sieht den Grund in einem bereits heute für viele Besitzer nicht mehr bezahlbaren Anforderungsniveau. Aus Sicht des Verband Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen e.V. ist es volkswirtschaftlich und umweltpolitisch sinnvoll, Sanierungsmaßnahmen mit geringerer Energieeffizienz zuzulassen, dadurch aber die Sanierungsquote deutlich zu steigern. Auch aus beschäftigungspolitischen Erwägungen sollten zudem Sanierungsmaßnahmen in einem stärkeren Maße steuerlich gefördert werden.

Der Verband Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen e.V. setzt sich für abgestufte Anforderungen an die Energieeffizienz bei Sanierungen ein.

Sanierungsmaßnahmen mit besonders hoher Energieeffizienz sollten durch abgestufte Fördermaßnahmen unterstützt werden.

Stärkere steuerliche Anreize zur Sanierung von Gebäuden sind erforderlich.

 

Position 6

Intelligentes Dämmen: Glanz und Innere Werte

Die Erhaltung alter Gebäude erfordert die dauernde Nutzung. Daher müssen diese bauphysikalisch für die heutigen Anforderungen ertüchtigt werden. Der Zielkonflikt einer energetischen Sanierung und des Erhalts des Erscheinungsbildes kann in vielen Fällen durch so genannte Innendämmungen gelöst werden. Aus bauphysikalischen Gründen, aber auch um die Nutzfläche des Gebäudes nicht zu sehr zu reduzieren, kann mit Innendämmungen i.d.R. nicht die heute geforderte Energieeffizienz erreicht werden. Sinnvoll ist in solchen Fällen eine energetische Sanierung mit geringerem Energieeinsparniveau.

Der Verband Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen e.V. setzt sich für die Vereinbarkeit von Energie- und CO₂ Einsparzielen und dem Erhalt des Erscheinungsbildes der Innenstädte ein.

 

Position 7

Intelligentes Dämmen: Vorfahrt für Sanierer

Besonders im innerstädtischen Bereich führen die heute üblichen zusätzlichen Dämmstoffdicken häufig zur Überschreitung von in Bebauungsplänen vorgeschriebenen Firsthöhen, zur Unterschreitung vorgeschriebener Grenzabstände oder zur Überbauung von Nachbargrundstücken. Zwar lassen einzelne Landesbauordnungen sowie zahlreiche Städte und Gemeinden bei energetischen Sanierungen Ausnahmen von den Vorgaben der Bauordnung bzw. der Bebauungspläne zu. Es fehlt aber ein allgemein verbindlicher Rechtsrahmen.

Der Verband Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen e.V. setzt sich für eindeutige bauordnungsrechtliche Regelungen für die Überbauung von Nachbargrundstücken sowie die Überschreitung vorgeschriebener Höhen und Abstandsflächen ein.